Eine ganz frische (mich erfrischende) Story von heute:
Die ganze Zeit quälte mich der Gedanke, dass ich noch einkaufen muss. Lebensmittel. Da muss man vorher ja echt grübeln, was man braucht und wohin man fährt, denn es gibt ja nicht alles überall, Lieblingskäse dort, Lieblingsbrot woanders, Pfandflaschen dorthin…
Also fiel meine Entscheidung heute zugunsten des Discounters mit dem großen „L“, hatte keine Lust, überall ranzurollen.
Nun habe ich die dumme Angewohnheit, meinen Einkaufswagen irgendwo abzustellen und dann auszuschwärmen. Wie oft war ich schon bepackt bis unters Kinn und bin – teils meine Ladung verlierend- durch den Laden gerannt und hab meinen Wagen gesucht!
Heute hatte ich schon gut Beute gemacht und wollte nun zum Käse. Da stelle ich meinen Wagen vor eine Kühltruhe, kommt ein Herr – mit bestapelten Pappkarton, der hatte den Wagen also komplett gespart- und machte den Eindruck, er wolle genau an diese Truhe. Also frag ich „stört mein Auto da?“ Er: „Nein, nein…..“. Ich „ok“. Wegdreh, Käse guck. Auf einmal steht der Herr vor mir und erzählt mir etwas von ungeduldigen Menschen, die sich an den Einkaufswagen anderer stören würden…aber wir doch nicht…. Ich noch: „Hm, aber hätte ja sein könn….“ Er sülzt weiter. Aha, so ein Mensch, der textet ohne Aufenthalt. Sehr gewählt, gepflegte Aussprache. Ich lass ihn erzählen, gucke nett, sag irgendwas wie „is ja noch mal gut gegangen…“ und kümmer mich wieder um den Käse. Will ich jedenfalls. Geht’s wieder los „Wofür brauchen Sie denn so viel Wasser, man trinkt doch besser einen schönen Tee…“ Aha. Schlau. In Wagen geguckt. Naja, bis auf den Pudding sieht das nicht nach Familieneinkauf aus. Isses ja auch nicht. Werd grad schadenfroh, dass ich keinen Wein gekauft hab (hab noch welchen), das wäre ja wohl ein besserer Aufhänger gewesen. Soso, meine grünen Äpfel schmecken nicht so gut wie die roten? Ich tu ihm den Gefallen und diskutiere ein wenig mit ihm.
Ja, ihr seid neugierig, also, er: gepflegter Mann, riecht gut, gut angezogen, schöner Mantel, schöner Schal, hinten guckt ein wenig der Mond unterm dunklen, sonst recht vollen Haupthaar durch, passt aber irgendwie. Nicht meine Altersklasse, ich denke 55+, aber nette Erscheinung. Einen halben Kopf kleiner als ich (mutig der Junge!). Ich glaub, ich hab was falsch gemacht, hab gesagt, die 12 Wasserflaschen reichen für mich für eine Woche und alleine koche ich mir keinen Tee. Hab mir nichts dabei gedacht und er geht auch.
Aber nicht lange, ich hab grad endlich den Käse, issa wieder da (der muss forschen Schrittes durch den Laden spurten!) und jetzt präsentiert er mir stolz die roten Äpfel. Jetzt empfehle ich ihm das Putenhackfleisch, sieht echt gut aus, hab ich auch gekauft. Er erzählt mir, er hätte Putenspieße …*lach*, beinahe hätte ich meine gute Erziehung vergessen und was von einem anderen Spieß gesagt, denn er ist ganz schön in der Offensive.
Das hat erstmal geklappt und ich komme bis zum Tiefkühlgemüse… da issa wieder da. Auch mit Hackfleisch. Jetzt wird’s konkret „Und wo soll ich den roten Apfel hinbringen? Und wo trinken wir einen Tee?…“ Öhhm. Nur guck. Er legt nach: „Wo wohnen Sie denn?“ Ich: „Das wird nicht verraten.“ Er: „Aha, Sie sind also versorgt?“ (Ziemlich barscher Tonfall, wo is denn det Gesäusel geblieben?) Jetzt werd ick rot (Mist, Mist, Mist! Wie alt muss ich werden, dass das endlich aufhört?) und sage „Ja“. Naja, nun fällt ihm nicht so viel ein, mir auch nicht, aber wir lächeln (klar, ick seh sicher aus wie ein Feuermelder) und dann sagt er: „Das Hackfleisch ist wirklich toll, hätte ich gar nicht gesehen, sehen Sie, hat es sich doch gelohnt, dass ich diese schöne, schlanke Frau angesprochen habe!“ Wow. Ich lache und wünsche ihm ein schönes Wochenende und ergreife die Flucht. Dabei vergesse ich die Tiefkühlbrötchen und das Gemüse. Das merke ich aber erst zu Hause.
Ich enter mein Auto und hoffe ungesehen wegzukommen. Er steht einiges hinter mir an der Kasse. Als ich wegrolle kommt er grad raus. Klar sieht er mich, aber ich gucke nicht hin und hoffe, dass meine Nummernschilder noch so schmutzig und schlecht leserlich sind wie die ganzen letzten Tage (bei dem Wetter!). Man weiß ja nie. Ein wenig ärgere ich mich, dass ich nun SEIN Auto nicht gesehen habe. Naja.
Aber man stelle sich vor, man kann sich unter Umständen in einem gewöhnlichen Discounter einen Mann in den Einkaufswagen legen. Und was durchaus ansehnliches. Staun.
Noch eine ganz kleine Anekdote von heute Vormittag: Ich rufe Kundschaft an und bekomme eine Dame ans Telefon, wo ich mir nicht sicher bin, ob sie mich kennt. Ich frage: “Sie wissen aber, wer ich bin?“ Sagt sie: „Ja, Sie sind doch die hübsche Große, die immer zu Herrn XX kommt!“ (Oder hat sie große Hübsche gesagt…?.. egal)
Heute schwebe ich. Das war schön!!
Noch ein kleiner Nachtrag: Ich finde es mutig und gut, wenn sich ein Mann traut, eine Frau anzusprechen; Versuch macht klug! Andersrum natürlich auch.
Hinterher habe ich überlegt, ob er mir schon auf den Fersen war, als ich ihn angesprochen habe, wegen meinem Wagen, er stand da so komisch da. (Vielleicht schon Inhalt analysiert?) Da hat er sich bestimmt erschrocken, hä, hä. Beute spricht Jäger an. Und sehr prägnant fand ich, wie er sagte „… hat es sich DOCH gelohnt…“
Nun ja, jetzt hat er Hackfleisch und keinen Spieß, aber ich drücke ihm die Daumen, dass er nicht mehr lange „unversorgt“ bleibt!