Schlagwort: alter

Arbeits- Anekdote

Ich bin unterwegs, komme zu einer (Augenarzt-)Praxis, bin noch nicht ganz drin, liegt ein alter Mann (gibt es da einen netteren Begriff? Ü80+ ist ja nun mal alt…und „alt“ ist ja eigentlich (…) kein Schimpfwort…)  in stabiler Seitenlage auf dem Fußboden, die Frau dazu hockt daneben, medizinisches Personal (aus der Praxis) kümmert sich.

Sie hieven ihn (wieder ansprechbar, aber nicht ganz klar) mühevoll in einen fahrbaren Patientenstuhl.

Dann fragen sie die Frau, ob sie denn noch dran kommen möchte (beim Augenarzt). Sagt sie.“ Isch net, aber ma Mann, wos muss, des muss!“ (Bin nicht in Berlin, auch nicht in der Nähe davon :ko: )

Es hat ewig gedauert, bis sie verstanden hat, dass ihr Mann ein Fall für den Notarzt ist. Sie hätte gern noch den Augenarzt abgearbeitet, war dann – nach Überzeugungsarbeit- aber damit einverstanden, dass ein Notarzt alarmiert wird. Hab mir so vorgestellt, dass sie nun vielleicht dachte, sie kann im Rettungswagen mitfahren (geht wegen Corona aber nicht). Und dann hab ich mir vorgestellt, dass sie vielleicht mit dem Auto gekommen sind, er am Steuer! Solche grusligen …. Gefährte behindern ja tagtäglich den Straßenverkehr. :whaaa:

Diese alte Frau ist jetzt für mich stellvertretend ein „gutes“ Beispiel dafür, wie sie (die betagten Patienten beim Augenarzt) ihre Umwelt wahrnehmen und mit Tunnelblick einfach ihren Termin abarbeiten wollen.

Da „verstehe“ ich ja fast, dass sie mich immer alle am liebsten töten wollen, wenn ich mich nicht 30 Minuten in die Schlange stelle (ihr glaubt nicht, wie voll die Praxen sind), sondern nach vorne gehe, weil der Doc. einen Termin mit mir hat und ich ihn vielleicht in ein neues Gerät einweisen soll, welches er gleich für die Behandlung genau dieser… ach ihr wisst schon. Wer den halbtoten Ollen noch zum Augenarzt reinschieben will, der versteht das dann auch nicht…

Ich hoffe immer nur, dass ich mal nicht so werde. Und kleiner Trost: es werden auch nicht alle so.

Und hoffentlich ist das heute für das Pärchen glimpflich ausgegangen….

Von Null bis schlau

Das Leben ist eine Reise
ohne Wiederkehr.
Man absolviert die Stationen,
manche leicht, andere schwer.

Ab „Null“ läuft das Leben,
zuerst sind wir Kind.
Die Umwelt formt,
was am Ende wir sind.

Lassen wir los
die führenden Hände
geht los die Fahrt
ins freie Gelände.

Mal biegt man ab,
mal gradeaus.
Viele Fehler,
man lernt daraus.

Das Gepäck wird immer mehr,
manches wird zum Ballast.
Pfiffig ist der,
der abwirft die Last.

Bei voller Fahrt noch abgesprungen,
auch das ist manchem schon gelungen.
Andere fahren mit und hadern stumm,
und schon ist das halbe Leben um.

Umkehren ist manchmal beschwerlich,
doch lieber so und dabei ehrlich.
Vorbeigerast, nicht zugefasst,
vielleicht die beste Chance verpasst?

Egal, was wir uns vorgenommen,
es ist ganz anders doch gekommen.
Wer hat sich das nur ausgedacht,
hört ihr, wie das Schicksal lacht?

So ist gut dran, wer nun begreift,
dass nicht nur der Körper reift.
Lebensmitte und dahinter
ist im Leben noch nicht Winter.

Völlig anders als erwartet,
viel gutes auch gern später startet.
Vielleicht liegt das auch daran,
dass man es nun erst schätzen kann.

Was will ich damit sagen?
Weiß ich auch nicht so genau.
Man kann immer etwas wagen!?
Erst am Ende ist man schlau (?).

Miki

Da wirste bekloppt…oder krank

Meine abendliche Runde durchs Haus ist oft recht lang; sind alle Fenster zu (speziell im Keller, also traps, traps…), ist überall Licht aus (wo man es händisch erledigen muss), ist die Haustür zugeschlossen (kann ich in der Not auch vom Bett aus noch machen, aber da wird immer der Kater nervös, wenn das Türschloss noch mal brummt und wir sind alle oben). Und überhaupt: ist der Kater drin- und wo isser? Dann oft Gesuche, verfolgt er mich doch ständig und ich hab ihn schon öfter in Räumen verbummelt, wo er eigentlich gar nicht rein soll, aber er ist heimlich – blitzschnell- reingeschlüpft. Also oft wieder – traps, traps- Keller… such… flöt .. (vergiss es, er antwortet nie, aber bin ich einmal durch, mauzt es genau aus der anderen Ecke…)

Dann noch die Alarmanlage…und ich denke, ich hab’s. Haste gedacht! Die Pillen! Ich eigentlich nur meine Allergiepille und eine Kaufpille (darauf will ich hier nicht näher eingehen) und der Mann auch sowas und eine verordnete Pille. Muss sein. Also oft wieder runter…  Meist versuche ich das aber in die Runde gleich mit reinzunehmen… und während ich gestern so nach allem gucke stelle ich zwischendurch die Pillen zurecht. Halt, noch frisches Wasser für den Kater, noch den Laptop in Sicherheit gebracht (da war Dickie noch nie dran, aber man weiß ja nie…).

Hey, was schreibst du da wieder über mich?? Ich bin doch ganz brav!

Als ich oben ankomme, sind die Pillen weg, also wieder runter. Such. Weg. Nix. Mann gefragt, ob ich sie ihm schon gebracht hatte (völlig irre, aber da wundert mich nix mehr). Nö. Also wieder runter, noch mal rausgefummelt und geschlussfolgert, dass ich ALLE selbst gefressen hab! Das muss aufhören!!

Früh müssen wir beide inzwischen auch was nehmen, das stelle ich dem Mann abends für morgens auf die Kaffeemaschine. Meine eigenen vergesse ich oft. Dann hinterher die Frage; hab ich, hab ich nicht?

Schluss!

Dann ist es eben so; ich habe eine 7- Tage-Box für jeden bestellt, das wird 1x wöchentlich gestellt und dann ordentlich aufgegessen.. Ist bestimmt gesünder!

Mann, sind wir alt!

:sick:

Update 31.01.19:

Ein langes Leben

… wird einem oft gewünscht, am Geburtstag zum Beispiel.

Ich versuche zwar zu verdrängen, muss aber – gerade dann-  an die Menschen denken, die in Pflegeeinrichtungen, Seniorenresidenzen, Altenheimen-oder so ähnlich genannt- leben.

Heute war ich in zwei solchen Einrichtungen unterwegs. Einmal mit der Ärztin, sie ist die Hausärztin vieler Bewohner. Sie stürmt geht in die jeweiligen Zimmer, begrüßt die Bewohner nicht und steuert sofort auf die bereits freigelegten Problemzonen zu. Wenn der Bewohner Pech hat, hat er eine Wunde, wo ein Faden gezogen werden muss oder wo man etwas entfernen kann, z.B. Hornhaut, wildes Fleisch, Nekrosen. Tut mir leid, euch hier mit sowas zu behelligen. Aber sie wendet dann dem Mensch selbst den Rücken zu und schnitzt los. Fachfraulich sage ich dazu nichts, aber noch dazu fügt sie den Menschen emotionslos Schmerzen zu und spricht nicht mal mit ihnen. Das wiederholt sich immer wieder. Reden tut sie nur mit der Pflegefachkraft in der dritten Person über den jeweiligen Mensch. Bei einer besonders brutalen Abtragung war ich die einzige, die zur jammernden Patientin ein paar tröstende Worte sagte, während die Fachkraft und die Ärztin sich über etwas anderes unterhielten.

Während man als „Externe“ über die Flure läuft, hört man in seinem Rücken immer wieder „Schwester“ oder „Können Sie mir helfen?“. Auch ich hab mir längst angewöhnt, schnell vorbei zu laufen, abgesehen davon, dass oft Augentropfen, Schmerzmittel, reguläre Medikamente oder Abführmittel eingefordert werden oder gar Probleme gemeldet werden sollen, für die ich nicht der richtige Ansprechpartner bin. Aber ich kenne das Problem, wenn ich dort auftauche suche ich auch oft 10 Minuten nach der Belegschaft. Und den armen Bewohnern geht es nicht anders. Der vorgeschriebene Personalschlüssel… man sollte diejenigen, die diesen festgelegt haben mal unter solchen Bedingungen wegsperren. Mit Schmerzen. Mit Problemen. Mit Kummer. Bei Demenz und damit verbundener Angst und Orientierungslosigkeit.

In der 2. Einrichtung war ich heute insgesamt 3,5 Stunden. Die Uhrzeit war mir vorgegeben. Wieder Wunden das Thema. Die Bewohner machten Mittagsschlaf, aber den Schwestern ist diese Zeit recht. Also werden die Menschen aus dem Mittagsschlaf gerissen, nicht informiert und die gefragten Körperstellen freigelegt. Die (eine) Fachkraft zerrt die Verbände ab, dass die Haut sich auch gleich vom alten Körper trennt, belehrt mich aber währenddessen die ganze Zeit und betont ihre eigene Kompetenz. Mir ist schlecht. Aber in dem Haus berühren mich die traurigen Szenen besonders. Die Gänge sind recht lang und verwinkelt und aus jeder Ecke kommt ein Hilferuf, einen Bitte, ein Flehen… und auch die (andere) Fachkraft flitzt inzwischen schnell vorbei, vor vier Wochen war sie den Menschen noch zugewandt, hat sie den ungleichen Kampf noch aufgenommen. So schnell…nun auch sie…resigniert… und rennend.

Man wird aber auch irre, eine Bewohnerin – wegen einem multi-resistenten Keim eigentlich isoliert-, kommt ständig angeflitzt und will das Haus verlassen… Glück im Unglück, dass sie den Ausgang nicht findet….  dazwischen toben auch noch Angehörige rum, eine Frau hat mir deutlich die Pest an den Hals gewünscht, weil ich die einzige Schwester „blockiert“ habe.

Heute hallt ein Satz bei mir in Dauerschleife nach… „Sie haben auch keine Zeit und können mir nicht helfen?“ begleitet vom Gefühl, auch versagt zu haben… Und im Treppenhaus, hinter der Schwester her rennend, hab ich dieser erzählt, dass ich genau deshalb damals in der Hauskrankenpflege aufgehört habe, weil ich ca. 15x täglich fragende, traurige, unglückliche Gesichter zurücklassen musste, weil ich eine Telefonnummer nicht aus der Schublade kramen konnte, keine Zeit zum Brille suchen hatte, die Zeitung im Kiosk umme Ecke nicht holen konnte, nicht beim Lieblingsbäcker das Brot holen konnte, den Sohn nicht anrufen konnte, nicht mit dem Hund Gassi gehen konnte und einfach nicht mal zuhören konnte…..

Ich bin traurig…. und weiß nicht, ob ein langes Leben nicht oft auch eine Strafe ist…

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Ich will Blumen verkaufen. Oder so.

Obwohl ich eigentlich involviert, aber nicht verantwortlich bin, bezeichne ich mich mal als Zuschauer.

Patient wird aus der REHA entlassen. Er ist 84 Jahre alt und war zu Hause gestürzt, vor zwei Monaten. Nachdem er endlich gefunden wird, kommt er ins Krankenhaus. Dort stürzt er noch einmal und holt sich einen Oberschenkelhalsbruch.

Außerdem verliert er (dort?) sein Hörgerät und die obere Zahnprothese.

Während seiner Abwesenheit kommt seine Lebensgefährtin, um die er sich vorher gekümmert hat, ins Heim.

Heute kommt er aus der REHA zurück. Die Hauskrankenpflege, die vorher die Frau mit-pflegte, wollen ihn unbedingt zu Hause behalten und dort pflegen. Weil: sie haben ihre Station einen Eingang weiter (ohne viel Fahrwege verdientes Geld).

Sein Zuhause:

Eine verwahrloste Wohnung mit einem immer noch defekten Fenster (durch das damals die Feuerwehr durchgestiegen war). Sein Bett: so ein aus der Schrankwand rausklappbares Doppelbett. Alles in die Jahre gekommen, durch die Hinfälligkeit der Frau schon lange in Mitleidenschaft gezogen. Veraltet, Teppichstolperfallen, Schwellen, Stufen…

Der Mann kann nicht alleine aufstehen, nicht auf die Toilette gehen, natürlich nichts einkaufen, sich nichts zu essen selbst machen, sich nicht waschen. Er braucht immer Hilfe. Nichts ist behindertengerecht, nirgends Haltegriffe, niemand da, wenn er ruft.

Er ist inzwischen völlig durchgeknallt, eine Gnade.

Leider hat er Geld. Denn die Hauskrankenpflege will das alles ja nicht umsonst machen. Er hat immer gespart, ist ärmlich eingerichtet. Und so also soll er nun seinen Lebensabend fristen. In dieser Umgebung, wo sich niemand verantwortlich sieht, heraushängende Schranktüren wieder zu befestigen oder Kleidung, die nie wieder jemand tragen wird, zu entsorgen, um etwas Platz zu schaffen. Oder ein gescheites Bett zu beschaffen.  Von den „Gardinen“ will ich gar nicht sprechen …. und die Fenster…

Ich komme ja auch viel in Altenpflegeheimen rum. Da gibt es natürlich auch gute und schlechte. Aber schlechter als dort, überwiegend allein, dann noch so verwirrt und in solch ungemütlicher Umgebung, immer drauf angewiesen, dass irgendjemand wiederkommt, etwas zu essen mitbringt und sich kümmert…. nein… nicht schön….

Und das alles unter dem Deckmäntelchen „er möchte doch zu Hause bleiben“. Ich sag mal: „Und ihr wollt seine Kohle.“ Schämt euch, wenn nicht ihr organisiert, was für ihn am besten ist, wer soll es denn sonst tun? Warum darf er nicht in das Heim, wo nun seine Lebensgefährtin schon ist? Warum hilft ihm denn keiner?

Ich bin traurig. mikiganztraurig

PS: Ich bin ja nur die Fachfrau am Rande, warte mit der Chefin der Pflegestation auf den Doktor. Als der kommt, will der Patient gleich was erzählen. Haste gedacht! Dem wird erstmal der Mund verboten. Man müsse sich unterhalten! Aber wegen diesem Hausbesuch hockt er die ganze Zeit halb ausgezogen (es gibt Wunden anzugucken, deshalb bin ich auch dort) auf dem Bett, obwohl man sieht, dass es ihm schwer fällt, dass er gleich umkippt und dass er Schmerzen hat. Aber wen interessiert das schon. Erst muss die Chipkarte hergezeigt werden…und so.

Ich will nicht mehr. Will was schönes verkaufen. Blumen! Ja! mikitraurigblümchen